Morz und wie er die Welt sah...

Freitag, Oktober 30, 2009

Peru - Titicacsee

Hallo liebe Freunde,

ich hoffe, alle Komplikationen in meiner WG sind vorerst geloest und so versuche ich nun, euch ein bisschen von den vergangenen Tagen zu erzaehlen.

Cuzco

Unser letzter Abend in Cuzco fuehrte uns auf Wunsch eines einzelnen Herren in das Folkloretheater der Stadt. Dort wurden traditionelle Taenze dargeboten. Da Jimmy eingeborener Ossi ist, hiess das Argument: “Is umsonst, also schauen wir es uns an!” Nun gut. Ich muss ja zugeben, dass die Taenze aufgrund einiger Fehltritte ab und zu erfrischend unprofessionell und erheiternd waren. Die Maennerstimmen waren sonor, die der Frauen erinnerten an ein Meerschwein, auf das gerade getreten wurde. Das Orchester, welches die Taenzer begleitete, bestand aus 4 Gitarren, 1 Keyboard, 1 Geige, 2 Lauten und 3 Floeten, wobei die erste Gitarre, erste Geige, erste Keyboard und erste Laute zusammen etwa 300 Jahre auf dem Buckel hatten und waehrend der Darbietung oefter einmal wegnickten.

Zum Abschluss des Abends besuchten wir noch ein Restaurant, welches sich auf Meerschweinchen spezialisiert hatte. Wir koennen ja nicht wochenlang durch kulinarisches Meerschweinchengebiet fahren, ohne es mal zu kosten. Also gab es cuy al horno. Ich muss sagen, auf den ersten Blick kann man gebratenes Cuy nicht von einer Ratte ohne Schwanz unterscheiden. Vielleicht war es ja auch Ratte. Aber dann hat sie gut geschmeckt. Nur viel Fleisch ist nicht dran. Satt wird man von den Kartoffeln.

Puno

Am naechsten Tag passierte nicht viel. Am Morgen nahmen wir den Bus nach Puno und fuhren sechs Stunden nach Suedosten. Irgendwo hinter Cuzco fing der Altiplano an. Diese Hochebene, die sich von hier bis zur anderen Seite von Bolivien erstreckt, ist flach wie ein Blatt Papier. Nur in der Ferne erheben sich die Berge einer Kordillerenkette. Am Himmel haengen dicke volle Schaefchenwolken und Schafe weiden am Strassenrand, ohne sich in das Oedland vorzutrauen. 70km vor Puno dann standen ein paar Flamingos in einer flachen Lache. Dann erreichen wir Juliaca. Vielleicht die haesslichste Stadt Perus. Hier moechte ich wirklich nicht tot ueberm Zaun haengen. Nur verdreckte Betonbauten. Der Fahrer nimmt den kurzen Halt zum Anlass, einen Reifen zu wechseln und so trauen wir uns doch zaghaft aus dem Bus. Der Hunger draengte uns. Und so gab es Empanadas und Bananen.

Eine Stunde spaeter erreichten wir endlich den strahlend blauen Titicacasee, an dessen Ufer Puno liegt. Der stroemende Regen begann erst, als wir den Bus verlassen hatten und uns auf die Suche nach einer Unterkunft machten. Unsere nassen Fuesse zwangen uns zu der Wahl eines zellenaehnlichen Zimmers, bei dem man uns versicherte, morgen liefe auch das Wasser. Sogar warm. Ich zog mich um und wir sprangen in ein Tuktuk, um uns die fuer uns beide einzige Sehenswuerdigkeit der Stadt anzusehen: die Yavari.

Die Yavari ist ein altes Dampfschiff, welches seit 1870 in der Naehe von Puno liegt. Das ist an sich ja noch nichts besonderes, aber hoert euch einmal seine Geschichte an: Die Yavari wurde, genau wie ihr Schwesterschiff, die Yapura, in England 1862 gefertigt. Dann hat man beide Schiffe durch den Atlantik und den suedlichen Pazifik bis zum heute chilenischen Hafen Arica geschippert. Von dort fuhr es der erste Zug Suedamerikas ins wenige Kilometer entfernte Tacna. Weder Zug noch Strassen fuehrten weiter. „Was nun?“, sprach Zeus. Zerlegen! Genau. Man zerlegte das schoene Schiff in 2766 handliche Teile, lud diese auf Esel und Lamas und brachte diese durch die weglose Landschaft der Westanden (mit Paessen bis 4600m hoch) in sechs Jahren bis zum einige hundert Kilometer entfernten Titicacasee. Dort schweissten kleine einarmige Waisenkinder im Mondschein das Schiff wieder zusammen und liessen es zu Wasser, denn auf dem See sollte es die Grenze mit Bolivien beschuetzen. Nur gab es nie Grenzstreitigkeiten mit Bolivien. Nur mit Chile. Gefahren ist die Yavari trotzdem. Nur gibt es in Peru keine Kohle. Also fuetterte man die Dampfmaschine ueber Jahrzehnte mit Lama- und Alpakadung. Brennt auch. Bis sie ausser Dienst gestellt wurde. 1970 entdeckte schliesslich eine Britin das vor sich hin rostende Schiff, baute es wieder auf und machte daraus ein Museum. Das sahen wir uns an, bzw. fuer eine kleine Spende wurden wir von einem freundlichen Herren durchgefuehrt, bekamen die alte Dampfmaschine genauso zu sehen, wie den originalen, mit Kerzen beleuchteten Kompass und die Kapitaensmesse. Bald soll sie wieder Touristen ueber den See schippern koennen. Nur ihr Schwesterschiff verrottet noch nebenan. Also falls jemand von euch handwerklich begabt ist...

Die schwimmenden Inseln

Der Dienstag begann kalt. Puno liegt auf 3830 Metern und da wird es ueber Nacht empfindlich kalt. Was macht man da nach dem Aufstehen? Genau, warm duschen! Mmh, die Frau vom Hostel hatte zwar recht mit dem Wasser gehabt, nur nicht mit der Temperatur. Und da wir uns nicht wesentliche Teile abfrieren wollten, schnappten wir uns unsere Handtuecher und 10 Soles und duschten im Hostel nebenan. Wir schleppten gleich auch noch unseren anderen Kram rueber und schwupps hatten wir ein Zimmer mit Warmwasser.

Um 6.45 holte uns ein Minibus ab, um uns zum Hafen zu bringen. Dort sprangen wir auf das naechstbeste Boot (das falsche, wie sich spaeter herausstellen sollte), welches uns zu den beruehmten schwimmenden Inseln der Uros brachte. Schwimmende Inseln? Gabs das nicht schonmal? Ja, in Kambodscha auf dem Tonlé Sap. Dort sind das Vietnamesen, die keinen kambodschanischen Boden betreten duerfen. Bei den Uros verhielt es sich aehnlich. Als kleines Volk flohen sie vor den herrschenden Aymara und Inka gegen 1200 auf den See. Dort fanden sie Totora-Schilf, welches im 4-6m tiefen Wasser waechst. Erst baut man daraus eine unter Wasser treibende, 2m starke Plattform aus den Wurzen des Schilfes, welche man zusammen bindet, und deckt dann weitere 1-2m so mit dem Schilfrohr ab, bis man eine treibende Insel erhaelt. Auf einer solchen Insel von vielleicht 300 Quadratmetern leben dann 4-6 Familien in ihren Huetten, fast wie in einem normalem Dorf. Nur schwimmt die Nahrung direkt unter der Wohnung lang.

Die Uros, oder durch Heirat heute vorwiegend Aymaras, weigern sich bis heute, auf peruanisches Festland umsiedeln zu lassen. Dafuer haben sie den Tourismus entdeckt. Und so legte unser Boot an einer der Inseln an, wie andere 10 Boote an zum verwechseln gleichen Inseln. Wir wurden begruesst, wie andere Touris synchron auf 10 weiteren Inseln auch, mit einem Poster und den Eckdaten des Titicacasees. Dann fuehrte man uns den Bau einer Insel en miniture vor und schliesslich durfte man Souvenirs kaufen. Entfernte sich man einmal vom Souvenirstand, konnte man sehen, wie interessant das Leben hier auf der Insel eigentlich ist. Da werden Reiher und Ibisse zum Verzehr gezogen und innerhalb der Insel wurde noch ein Fischteich angelegt, in dem kleine Fische zu stolzen Mahlzeiten heranwachsen. Der Sechsjaehrige vom Inselchef uebt hier schonmal, die Netze auszuwerfen. Ausserdem gibt es auf 3 der Inseln Schulen fuer die Kinder. Immerhin leben ja 2000 Menschen auf den Inseln.

Um von Insel zu Insel zu kommen, haben sich die Uros wieder einmal des Schilfes bedient und doppelruempfige Schilfboote gebaut. Thor Heyerdahl laesst gruessen. In diesem sitzend, ruderten Raúl, der Inselchef, und ich einmal um die Insel und als dann spaeter unser motorisiertes Boot wieder ablegte, sangen die Frauen der Insel zum Abschied beruehmte peruanische Volkslieder wie „Alouette“, „Row row row your boat gently down the stream“ oder „vamos a la playa“ im Kanon mit den anderen Inseln.

Als die schwimmenden Inseln hinter uns und der weite See vor uns lagen, machten wir an Deck erst einmal Fruehstueckspause. Es gab den Rest Mangomarmelade mit Butter und Brot, und Trinkjoghurt. Hier oben von dem wegen des kalten Fahrtwindes immer leerer werdenden Deck aus, konnte man die ganze Pracht des Titicacasees auf sich wirken lassen. Die Atmosphere hier ist so duenn und klar, dass man muehelos ueber 70km hinweg die bolivianische Kueste sehen konnte. Die Stratocirrus wirken zum Greifen nah und die vereinzelten Schaefchenwolken darunter wie mit Photoshop eingefuegt. Die Sicht ist so gut, dass sogar die Kuestenlinien am Fuss der begrenzenden Berge verschwinden. Wegen der Erdkruemmung. Das hab ich so noch nie gesehen.

Gegen 11.30 erreichten wir die Insel Taquile. Hier leben zur Abwechslung wieder Quechua. Kein Baum steht auf der Insel, nur Steinmauern und einige Felder. Auch sonst erinnert es sehr an griechische Inseln. Vor allem wegen des unuebertroffenen blauen Wassers des Sees. Die Touris wurden brav ins naechste Restaurant gefuehrt. Jimmy und ich hingegen suchten uns die Stelle mit der besten Aussicht, packten wieder unser Brot, Tomaten, Thunfisch und Corned Beef aus und genossen die Stimmung. Hinter uns versuchten Einheimische gestrickte Lamas und Muetzen, bei denen sie manchmal vergessen hatten, den „Made in China“-Schnipsel abzunehmen, an den Touri zu bringen und beobachteten uns beim Essen.

Eine schoene Treppe hinunter ging es zurueck zum Boot, welches uns in der Abendsonne wieder heim nach Puno brachte. Am Abend assen wir zur Abwechslung mal chinesisch, mit einer schicken Franzoesin, die wir an Bord kennengelernt hatten.

Und jetzt geht bald mein Bus nach Arequipa. Von meinen weiteren Erlebnissen hier am Titicacasee erzaehl ich euch ein andermal. Macht es gut und bis bald.

Carpe diem,

Euer Stefan

Sonntag, Oktober 25, 2009

Peru - Cuzco oder Die spinnen, die Inkas...

Hallo liebe Freunde,

Heute ist Sonntag der 25.10. und ich bin in Cuzco. Der Jimmy treibt sich gerade in irgendeinem Museum herum und draussen wird die sonntaegliche Parade des Militaers, der Bauarbeiter und der Nonnen von der Parteifuehrung auf der Plaza de Armas abgenommen. Ich hab mich unterdessen, staendig von Marschmusik begleitet (der jetzige klingt wie “Das ganze Leben ist ein Quiz”) in ein Internetcafé begeben,um euch von meinen neuesten Erfahrungen zu berichten und die immer haeufiger werdenden schlechten Nachrichten aus Potsdam zu lesen.

Am Montag verliessen wir Nazca. Mit dem Nachtbus. Aber nicht mit irgendeinem Nachtbus, denn wir hatten uns fuer die lange Ueberfahrt durch die Berge des suedlichen Hochlandes den Rolls Royce unter den Nachtbussen geleistet: den Cruiser Suite von Cruz del Sur. Aus Lima kommend erreichte er um 20 Uhr Nazca und wir waren die einzigen Passagiere, die zustiegen. Ein Steward fuehrte uns zu unseren Sitzen: Einzelsitze wie in der Businessklasse im Flugzeug. Diese konnte man fast waagerecht stellen, waren kuschelweich, besassen Radio und Filme ueber Kopfhoerer und der Steward reichte einem Kissen und Decke fuer die Nacht. Dementsprechend war ich keine Stunde nach der Abfahrt friedlich eingeschlummert und genoss das leichte Wiegen des Busses auf den Strassen durch die Anden.

Etwa 150 km vor Cuzco erwachte ich. Abancay heisst die Stadt hier, die tief unten im Tal, umringt von majestaetisch aufragenden Bergen, liegt. Und waehrend der Bus langsam den 4000m hohen Pass erklomm, ging ueber einem der Gipfel die Sonne auf. Das war einer dieser magischen Momente, weshalb ich reise. Diese dieses praechtige rot-gelbe Licht, welches die Bergkuppen zaertlich streichelt und weckt, die Wolkenfetzen, die sich langsam hinwegheben und die Menschen in den Doerfern und am Strassenrand, die man ungestoert bei ihren alltaeglichen Beschaeftigungen beobachten kann: den Kloen mit der Nachbarin, den Aufbau des Obststandes, das Treiben von Rindern, Schafen und Alpakas auf die hochgelegenen Weiden, den Mann, der mit dem mittelalterlich anmutenden Handpflug auf dem Ruecken seine Felder aufsucht und die Bauarbeiter, die die in der Sonne trocknenden Lehmbacksteine untersuchen. Haeuser baut man hier naemlich ausgetrocknetem Lehm, der zu Quadern geformt, in der Sonne trocknet. Darauf wird dann ein Dachstuhl mit Holz gesetzt und fertig ist die Laube.

Gegen Mittag erreichten wir Cuzco, die Perle Suedamerikas. Qosqo, wie es in Quechua geschrieben wird, bezeichnet fuer die Inka den “Nabel der Welt”. Mein erster Eindruck war, dass es, ebenso wie Medellin und Armenia, schoen ein von niedrigen Bergen eingefasstes Tal ausfuellt und im Dunkeln bestimmt herrlich aussieht. Nach einigem Suchen fanden wir eine Unterkunft in einer kleinen Familienhospedaje, die ueberhaupt nicht den teuren Klischee Cuzcos entspricht. Eine warme Dusche und die Zahnbuerste wirkten Wunder und fuer den Nachmittag nahmen wir uns die Stadterkundung vor. Cuzco, mit 3400 m Hoehe recht kuehl gelegen, ist wirklich eine schoene Stadt. Die Einheimischen, wenn sie nicht gerade Alpakaponchos an Touristen verkaufen, Massagen anpreisen oder mit einem mit Pudelmuetze dekoriertem Alpaka fuer Photos posieren, gehen entspannt ihren Besorgungen nach und lassen sich von den Tausenden Auslaendern ueberhaupt nicht aus der Ruhe bringen. In der Mitte der Stadt liegt, wie koennte es auch anders sein, die Plaza de Armas mit ihrer Kathedrale. Da Cuzco so touristisch ist, kosten Kirchen hier Eintritt, aber wir haben uns vorgestern waehrend eines Gottesdienstes trotzdem drinnen umsehen koennen. Praechtig ausgestattet! Aber am besten gefiel mir ein Gemaelde, auf dem das letzte Abendmahl abgebildet ist. Nur liegt statt Brot auf dem Tisch ein gebratenes Meerschweinchen zum Verzehr bereit. Die Schoenheit Cuzco stammt einerseits von dem immer noch erkennbaren Erbe der Inkas, die diese Stadt gruendeten und deren Mauern und Grundfesten vielerorts noch zu sehen sind und andererseits von seinem kolonialen Erbe, welches sich in vielen kleinen, schoen gestalteten Plaetzen zeigt, die von Arkaden und Gebaeuden mit Holzbalkonen eingefasst sind. Abgerundet wird Cuzco von den oben geschrieben Bergen, die man in jeder Richtung am Horizont sehen kann.Aufgrund seiner Hoehe wird es in Cuzco nach Sonnenuntergang schnell unangenehm kalt. Und so zogen wir uns bald in ein Restaurant zurueck, wo ich das erste Mal Alpaka gegesen habe. Mit Quinua. Lecker. Das wuerde nicht das letzte Mal gewesen sein.

"Sexy Woman" und andere Festungen

Die naechsten Tage wuerden natuerlich ganz im Zeichen der Inkas stehen und so kauften wir uns im Supermarkt Brot, Schinken und Wasser und machten uns im Bus auf in Richtung Pisaq, in die Berge noerdlich von Cuzco. Am Tambo Machay liessen wir uns dann rausschmeissen und besichtigten die gleichnamige Staette. Diese liegt 8km noerdlich von Cuzco auf 3700m und niemand weiss (wie bei vielen anderen Inkaruinen auch), was ihre Funktion in der Vergangenheit eigentlich war. Tambo Machay liegt am Ausgang eines sanften Tales und fuehrt die lokalen kleinen Baeche zusammen, filtert ihr Wasser durch geschickte Umleitung durch Felsspalten und leitet sie in kleinen Fontainen aus dem Berg. Man vermutet, das es entweder ein Bad oder die Raststaette fuer adlige Inkas auf Reisen, oder beides, gewesen war.

Eine kurze Wanderung bergab fanden wir die “rote Festung”, die dem Tambo Machay fast gegenueber liegt. Hier sahen wir das erste Mal die von den Inka fuer viele Staetten gefertigten fugenlosen Waende und Mauern. Irgenwie haben sie in muehevoler Kleinarbeit saemtliche Felsen so abgeschliffen, dass sie ohne Fuge oder Luecke aufeinander passen. Kein Messer passt dazwischen. Ausserdem wurden vorhandene, grosse Felsen einfach mit in den Bau einbezogen und erwecken den Eindruck, natuerlich mit in die Mauer zu gehoeren.

6 km weiter unten im Tal gab es bei uns Mittag und nach der Besichtigung der vergleichsweise langweiligen Ruine von Q’enqo, erreichten wir die direkt oberhalb der Stadt Cuzco auf dem Berg gelegene Festung Sacsayhuamán. Der Einfachheit halber merken sich Touris diesen fast unaussprechlichen Namen durch das aehnlich klingende “sexy woman”. Die Anlage diente dem Zweck, Cuzco von der empfindlichen Nordseite her zu schuetzen. Der Legende nach hatte der Inka Pachacútec Yupanqui die Anlage so ersonnen, dass sie Zaehne eines Puma formte, dessen Koerper Cuzco darstellen sollte. Die 3 Reihen 10m hohen, wieder fugenloser Waende wurde daher in 12 Zacken angelegt, die diese Idee durchaus nachempfinden lassen. Neben der Festung und der beeindruckend schoenen Aussicht ueber Cuzco besitzt Sacsayhuamán noch einen Paradeplatz, auf dem zu Inti Raymi, dem Sonnenwendfest, alle Welt versammelt und ansonsten Touristen- und Schuelergruppen gegen den Wind des nahenden Sturms ankaempfen. Die Anlage beherrbergt ausserdem noch grosse, wie Amphitheater gestaltete, kreisfoermige Bauten und interessante, angeblich vulkanische Felsformationen, auf denen der Stefan mit seiner vom beginnenden Regen befeuchteten Regenhose prima hinunterrutschen konnte. Beeindruckende Anlage von der Groesse eines Stadtviertels, und dabei ist sie erst zu 20% ausgegraben.

Nach dem Abstieg hinunter zur Stadt ereilte uns der Hunger. Viele Restaurants in Cuzco werden von Menschen mit Speisekarten auf der Strasse promotet. Das Restaurant, auf welches unsere Wahl am Ende fiel, wurde von einem Knilch beworben, der uns eigentlich sein Gras andrehen wollte und ansonsten lieber mit den Maedels vom Nachbarladen schaekerte. Aber die Karte gefiel uns ausnehmend gut. Das Hotel, zu dem das Restaurant gehoerte, hatte vermutlich gerade erst geoeffnet, denn wir speisten Tomatensuppe (aus echten Tomaten), Alpaka in Weinsauce und in Nelken eingelegte Apfelstueckchen fuer nur 15 Soles; ein Preis, fuer den man sonst in Cuzco keine Suppe oder einen Hamburger bekommt. Leider kamen wir allein in das Vergnuegen der ausgezeichneten Haute Cuisine, da der Restaurantschreier vom Dienst mehr Drogen vertickte, als Leute ins Restaurant zu locken.

Pisaq

Fuer den naechsten Tag hatten wir uns etwas besonderes ausgedacht. Eine Moppedtour. Jimmy ist zwar in Thailand 2 Monate lang Nonnenhocker gefahren, aber mochte hier in Peru lieber nicht fahren und so war es an mir. Daher gingen wir in der Moppedwahl eine Stufe hoeher und ich suchte mir eine nagelneue Enduro, eine Suzuki DR 650, heraus, die uns heute auf ihrem Ruecken beide durch das heilige Tal der Inkas tragen sollte. Helm auf, Sprit in den Tank und schon ging es los. Hach, hab ich das Moppedfahren vermisst. Ausser mit dem Mountainbike vielleicht gibt es keine bessere Art, die Landschaft der Berge Perus in all ihrer Pracht aus der Naehe zu geniessen. Nach ein paar Photostops erreichten wir das 40km entfernte Dorf Pisaq und seine 4km ueber der Stadt gelegene Anlage gleichen Namens. Wir stiegen ab, schmierten uns mit Sonnencreme ein und gingen um den kleinen Felsvorsprung hinter dem Eingang herum. Und dann haute es mich um! Da muesste sich ein Machu Picchu ganz schoen anstrengen, um diese praechtige, wohl schoenste archaeologische Anlage, die ich je gesehen habe, noch zu toppen. Vor mir lagen etwa 30 Terrassen, halbrund in den etwa 1km breiten und 400m tiefen Abhang einpasst. Darueber lag eines der vier Inkadoerfer, die zur Anlage Pisaq gehoeren. Haeuser komplett aus Stein, die in die Felswand und ihren Ruecken perfekt eingepasst waren, eines ueber dem anderen, um der Sonne so nah wie moeglich zu sein. Waeren die verwendeten Felsen weiss gewesen, ich waer mir sicher gewesen, die weisse Stadt Gondor gefunden zu haben. Jimmy und ich kletterten den Hang entlang und zwischen den alten Steinbauten hindurch in jedes Haus, ueberwaeltigt von der Baukunst der Inka, bis wir das Haus des Priesters auf der Spitze des Hanges, versehen mit einem Balkon und einer spektakulaeren Sicht ueber das heilige Tal, erreichten. An der Flanke des gegenueberliegenden Berges waren die Graeber, die sich als Loecher in der Wand zeigten, erkennbar. Ausserdem konnten wir sehen, dass die Terrassen fuer den Anbau in frueheren Tagen bis zum Gipfel des Berges reichten. Die spinnen, die Inkas...

Nach der Besichtigung des ersten Dorfes machten wir uns auf entlang der Flanke des Berges, auf dem wir uns befanden, einem alten Inkapfad durch kleine Tunnel und gemauerte Aussichtspunkte folgend in schwindelnder Hoehe, um auch zwei weitere Doerfer der Inka an der vorderen Flanke des Berges zu besuchen. Alles durch und durch ueberwaeltigend. Ich haette diese Anlage liebend gern gesehen, als noch Inkas hier wohnten. Doch leider hatte Manco Inka hier seine Schlacht gegen Pizarro 1536 verloren und so bleiben nur Ruinen...

Danach fuhren wir 60km entlang des vom Urumbafluss durchflossene heilige Tal der Inka, bevor wir im gleichnamigen Ort wieder die Berge erklommen, die uns von Cuzco trennten. Gleich oberhalb von Urubamba liegen die Orte Maras und Moray, in der Mitte einer Hochebene. Hier zeigte sich, dass die Wahl einer Enduro fuer diese Strassen goldrichtig gewesen war und 15km Schotterpiste spaeter hatten wir nicht nur einen atemberaubenden Blick ins heilige Tal mit seinen vergletscherten Bergen im Hintergrund, sondern auch die vermutlich als planzliche Versuchsanlage genutzte Staette von Moray vor uns. Dieser mit Terrassen ausgelegte Trichter besitzt einen Temperaturgradienten von 15 Grad von der obersten Terrasse bis zum Grund, so dass man heute vermutet, dass dort mit klimatischen Parametern fuer von den Inka genutzten Pflanzen experimentiert wurde.Wir setzen uns einfach auf den Rand, muemmelten unsere Sandwiches und liessen die imposante Anlage auf uns wirken.

Gegen 16Uhr machten wir uns auf den Heimweg und genossen den Sonnenuntergang ueber den Bergen, bevor uns unsere 180km lange Tour wieder zurueck nach Cuzco und zu Alpaka in Weinsauce fuehrte.

Ollantaytambo

Am Freitagmorgen hatten wir vorwiegend mit Besorgungen zu tun: Tickets fuer den Zug nach Machu Picchu, Landry Service, Weiterfahrt nach Puno klaeren und so weiter. Am Nachmittag dann schliesslich setzten wir uns in den kleinen Bus, voll mit Schulkindern, die zurueck in ihre Dorfer wollten, im Richtung Urubamba. Ich hoerte mir “Herr Lehmann” an, waehrend ich die Landschaft auf mich wirken liess, die ich beim Fahren gestern nicht ganz so hatte wahrnehmen koennen und Jimmy beobachtete die Kinder bei ihren Arithmetikhausaufgaben. In Urubamba stiegen wir um in den Minibus nach Ollantaytambo und erreichten unser heutiges Tagesziel gegen 16 Uhr bei stetigem Nieselregen. Wieder einmal hatten die Inkas es geschafft, natuerlich auch aus strategischen Gruenden, eine ihrer Festungen dorthin zu bauen, wo man den imposantesten Blick auf das heilige Tal hat. Auch diese Anlage wurde bestimmt von Terrassen, die die Versorgung der Festung sichergestellt hatten und Haeusern, die versuchten, sich gegenseitig uebertrumpfend, dem Himmel naeher zu sein als das der Nachbarn. Hier waren die Mauern groesstenteils anderer Bauart, gesteckt aus Schiefergestein, aber auch die fugenlose Baukunst liess sich wieder finden. Gegenueber hatte man eine natuerlich Felsformation in einem Berg genutzt, um mit minimalen chirurgischen Abschleifungen ein riesiges Gesicht fuer Pachapapa, den Begleiter der Erdgoettin Pachamama, aus dem Fels herauszuarbeiten.

Kurz nach Sonnenuntergang suchten wir uns ein niedliches Hostel, kauften unser Fruehstueck fuer morgen ein und begaben uns in ein kleines Restaurant, welches extra fuer uns ihren Steinofen anschmeissen musste. Auf dem Nachhauseweg erklangen dann Floeten und Trommeln und wir folgten dem Klang, bis wir eine Gruppe aus 2x8 Jugendlichen fanden, die auf einen abseits gelegenen Fussballplatz traditionelle Taenze einuebten. Ich hasse ja “traditionelle Tanzvorfuehrungen” fuer Touristen, aber diese hier war vermutlich fuer ein spaeteres Fest oder den Schulabschluss gedacht und nicht fuer Touristen vorgesehen. Deshalb genossen Jimmy und ich auch die mit langen Laufstrecken verbundenen komplizierten Formen, die die Tanzenden zu den einfachen Instrumenten darstellten, bis uns die Kaelte so stark ergriff, dass wir uns ins Hostel trollten. Mit einem Bier und mehreren Decken aus gestattet, setzten wir uns auf die Dachterrasse und betrachteten den Nachthimmel, die mystisch in Mondlicht getauchten Inkaruinen und das Sternenzelt, umrahmt von den schwarzen Silhoutten der Berge. Ab und zu flackert eine Sternschnuppe auf, waehrend in der Ferne noch Trommel und Floeten erklangen. Spaetestens jetzt war das heilige Tal der Inka auch zu meinem heiligen Tal geworden. Ich koennte die ganze Nacht hier sitzen...

Machu Picchu

Um 3.45 war die Nacht leider schon vorbei. Irgendjemand hatte dasWasser im Hostel abgestellt und somit fiel eine Dusche, warm wie kalt, leider aus. Aber der Sternenhimmel sah immer noch grandios aus. Eine Stunde spaeter erreichten wir den Bahnhof von Ollantaytambo, von wo uns der erste Zug noch vor den Touristenmassen nach Machu Picchu bringen sollte. Doch es waren schon alle da. Touris, einheimische wie auslaendische, standen in langen Schlangen am Eingang zum Bahnhof, waehrend Alpakamuetzenverkaeuferinnen schon zu dieser unchristlichen Stunde ihre Waren anpriesen. Im Zug war im Backpackerabteil unglaublich viel Platz. Waehrend die meisten noch versuchten, Nachtschlaf nachzuholen, sass ich, aufgeregt wie Bolle, am offenen Fenster und erfreute mich am Sonnenaufgang ueber dem Urumbatal hinter uns. Die ersten Strahlen beruehrten wieder die Bergkuppen und zeigten ein Andengluehen. Der Rio Urumba rauscht das Tal hinab waehrend die Kontouren der Berge langsam sichtbar werden. Ich sauge die Landschaft in mich auf, waehrend der Grossteil der Besatzung dieses Abteils noch Schaefchen zaehlt. Dort ist der km 88, von dem aus Janet vor ueber 10 Jahren, wie Millionen Menschen vor und nach ihr den beruehmten Inkatrail, jener legendaere Wanderweg der Inkas, der ueber Bergkuppen, Tunnel, Fussschmerzen und Atemnot bis nach Machu Picchu fuehrt. Hier fliegen Voegel mit gelbem Schwanz durch das aufgrund der tiefen Lage von 2000-2200m wieder stark gewaldete Gelaende. Und dort laeuft ein Einheimischer die Schienen entlang in die Zivilisation. Strassen gibt es hier nicht.

Um 6.30 erreichen wir Aguas Calientes und beschliessen, mit dem 5km langen und 400 Hoehenmeter ueberbruecken Aufstieg nach Machu Picchu uns den Besuch dieser weltberuehmten Staette zu verdienen. Alle anderen fahren Bus. Und der Aufstieg ist steil. Aber man wird auch pausenlos mit dem atemberaubenden Panorama belohnt. Die Wolken steigen auf und wie sie, erreichen wir kurz nach 8 die wohl bekannteste Sehenswuerdigkeit des Kontinentes. Und sie kann Pisaq nicht nur das Wasser reichen, sondern uebertrifft es masslos. Von dem Haus des Verwalters des Grabhuegels aus schiessen wir das wohl beruehmteste aller Photos auf die unter uns liegende Ruinenstadt, die auf einem Sattel vor dem imposant aufragenden Berg Huayna Picchu liegt. Niemand weiss, wofuer sie erbaut wurde, ebenso wie niemand weiss, wann und warum sie verlassen wurde. Wir lassen den ueberwaeltigenden Blick eine halbe Stunde auf uns wirken, bevor wir uns zu den anderen fruehen Touristen gesellen und mit ihren die Haeuser, Tempel und Plaetze zu erkunden. Als uns dann gegen 11 Uhr der Touristenstrom zu viel wird, registrieren wir uns fuer den steilen Aufstieg zum Gipfel des Huayna Pichu, des Berges, den ihr auf den Machu-Picchu-Bildern immmer im Hintergrund seht. Und mir ging ganz schoen die Muffe. Nur nicht den 700m tiefen Abhang 1m neben mir herunterschauen. Aber eine Stunde spaeter hab ich die kleine Festung auf dem Gipfel erreicht. Nur die letzten Stufen, die im 45-Grad-Winkel direkt ueber dem Abhang hinein in die Anlage fuehren, haben mich geschafft. Da waer ich nur mit nem Helikopter wieder runtergekommen. Also setze ich mich unterhalb der ersten Mauer auf einen Vorsprung, esse ein Sandwich, wundere mich darueber, wer so bekloppt ist, auf diese schmalen Felsen ueber der Stadt Machu Picchu noch eine weitere Siedlung bauen zu muessen und geniesse den Ausblick auf das 300m unter mir liegende Machu Picchu. Jimmy hat sich auf die Treppenstufen getraut und so beginne ich eine halbe Stunde spaeter allein den schmalen Abstieg. Nach einer Pause unten treffe ich Jimmy wieder und wir schliessen unseren Rundgang durch mein persoenliches Highlight der Suedamerikareise mit dem Tempel des Condors, den Koenigsgraebern und den Baedern ab.

Beim Abstieg nach Aguas Calientes erwischt uns ein starker Regen, sodass wir im Zug zurueck, den wir nur knapp erreichten, ganz schoen bibberten. Total geschafft, aber gluecklich, fielen wir dann gestern Abend wieder in unsere Betten in Cuzco.

So, und jetzt werde ich mal schauen, wo der Jimmy abgeblieben ist. Das naechste Mal schreibe ich euch vom Titicacasee, unserer naechsten Station. Bis dahin, gehabt euch wohl und carpe diem,

Stefan