Liebe Freunde,

Ein weiteres Mal hiess es frueh aufstehen. Wir hatten unsere
Zelte in der einzigen Garifunagemeinde Guatemalas aufgeschlagen – Livingston –
und das Morgenboot um 6.30 sollte uns nach Puerto Barrios, dem einzigen
Atlantikhafen des Landes bringen. Wir stiefelten schlaftrunken zum Pier,
kauften die Tickets und ergoetzten uns an der aufgehenden Sonne. Ich hatte uns
etwas Muesli und Milch (fluessige, Milch gibt es hier meist nur in Pulverform)
organisiert und so schnabulierten Rene und ich das leckere Vogelfutter, wie es
Jimmy nennt, aus Blechtasse mit Flugzeugbesteck. Das Boot legte puenktlich ab
und eine halbe Stunde spaeter erreichten wir Puerto Barrios. Dort lud uns ein
Minibusfahrer ein, und durch seinen Fahrstil, der nur dicht unterhalb der
Schallmauer liegenden Geschwindigkeit und einigen Ueberholmanoevern, die auch
in der Formel 1 nicht zulaessig waeren, erreichten wir alsbald die Grenze nach
Honduras. Zumindest dachten wir das.

Der guatemaltekische Grenzposten stempelte
brav die Paesse fuer die Ausreise, nur ein honduranischer Grenzposten war weit
und breit nicht in Sicht. Unser Fahrer erklaerte uns das so: “Eben haben wir
Guatemala verlassen und in einer halben Stunde erreichen wir Honduras. Das Land
dazwischen gehoert Chiquita.” Und in der Tat gab es hier nur dichte Reihen
Bananenpflanzen – so weit das Auge reicht. Wie mag das nur vor der Entmachtung
und Enteignung von United Fruit, dem Vorgaenger von Dole und Chiquita,
ausgesehen haben, als United Fruit noch Schienenwege, Schifffahrtswege,
Wasserversorgung und einen Grossteil des anbaufaehigen Landes von Guatemala und
Honduras unter seiner Fuchtel hatte. La Republica de las Bananos!

Die Einreise
nach Honduras klappte problemlos. Wir fuhren nach Puerto Cortes, um uns mit
frischem Geld zu versorgen, und von dort aus nach San Pedro Sula (wo wir
merkten, dass der Minibusfahrer wohl ein reichhaltiges Mittagessen aus Kaese,
Marmelade, Tomaten, Muesli und meinem Becher geerbt hatte, da wir unseren
Fressbeutel hatten liegen lassen. In
San
Pedro dann erwischten wir den Langstreckenbus nach La Ceiba. Ich schlief sofort
ein und als ich wieder aufwachte, hatte der Bus eine merkwuerdige Schlagseite.
Ich hatte eine Reifenpanne verschlafen und gerade wurde der Bus bei einem
Boxenstopp aufgebockt und bei laufendem Motor und allen Insassen ein Reifen
gewechselt. Dadurch und durch einen Fressstopp kurz spaeter kamen wir erst
gegen 17.00 in La Ceiba an, wodurch unsere Faehre auf die Bay Islands bereits
weg war.

Im Bus sass auch ein israelischer Tauschlehrer, der mit uns im Taxi
zum einzigen Hostel der Stadt fuhr: “Republica de la Bananos”! Das Dorm war ein
muffiger Raum mit sieben speckigen Betten, aber es war ja nur eine Nacht, bis
die Morgenfaehre nach Utila uns mitnehmen wuerde. Wir machten einen kurzen
Spaziergang durch die Stadt, die weder schoen war, noch darauf Wert legte. Wir
fanden einen verrotteten Pier, der weit aufs Meer hinaus ragte und setzten uns
einen Moment drauf, um zu geniessen, dass wir endlich die Karibik sehen und
diese gerade von eine einditschenden Sonne orangeroot gefaerbt wurde. In La
Ceiba gab es irgendwie nichts zu essen.
Wir fanden genau 3 “Restaurants”: Wendy’s, Burger King und Pizza Hut. Wie
entschieden uns fuer Burger King to go und amuesierten das Pertsonal koestlich,
mich unserer fehlenden Burgererfahrung und lustigen Fragen. Im Hostel kloppten
wir dann noch zwei Stunden Skat, bevor wir komatoes ins Bett fielen. Anders
haette ich bei Strassenlaerm und keimigen Zimmer auch nicht schlafen koennen.

Um 8.30 am naechten Tag sassen wir endlich an der Faehre.
Fred und seine zwei hollaendischen Maedels, die wir noch aus der Finca Tatin
kannten, waren auch wieder zur Stelle. Zum Fruehstueck gab es Ruehrei,
Tortillas, Schwarzebohnenmus und saure Sahne im Taxifahrerschuppen, da unsere
Faehre erst um 9.30 fuhr. Die Faehre war ein kleiner Katamaran fuer ca. 100
Personen. Und leider ueberdacht und abgeschlossen, so dass der einzige Wind der
Diesel von den Maschienen war. Rene sah auch reichlich gruen im Gesicht aus,
als wir am spaeten Vormittag endlich unser Reiseziel fuer die naechste Woche erreicht
hatten: Utila, die kleinste der 3 Bay Islands.

Die Bay Islands haben eine sehr spannende Geschichte, die
reif fuer eine Verfilmung waere. Ob jemals Mayas oder Ureinwohner die Inseln
bevoelkerten, weiss bisher noch keiner so genau. Der erste, von dem wir wissen,
dass er einen Fuss auf die kleinen, dem honduranischen Festland vorgelagerten
Inseln gesetzt hat, ist Kolumbus im Jahre 1502. Ihm folgten spaeter Piraten,
vorwiegend Briten, die die reichen spanischen Schiffe ueberfielen, Rum tranken
und vermutlich das taten, was uns der Bildungsfilm “Fluch der Karibik” so alles
erzaehlt. Vor 250 Jahren lagerten dann die Briten rebellische schwarze Sklaven
aus, die anderswo einen Aufstand angezettelt hatten. Als diese sich dann mit
dem Stamm der Kariben vermischte, entstanden die so genannten Schwarzen
Kariben, oder auch Garifuna, von denen ich euch schon erzaehlt habe.
Schliesslich kam vor gut 30 Jahren die letzten Einwanderungswelle nach Roatan
und Utila: Touristen und Aussteiger. Heute besitzt Utila eine Strasse, an der
sich alles befindet, was man zum Leben braucht: zwei Lebensmittellaeden, einen
Haushaltswarenladen, einen Frisoer, eine Klinik, ein Kino und mindestens 10
Tauchbasen.

Auch wir waren zum Tauchen gekommen (ich war so froh, dass sich
Jimmy und Rene auf der Ueberfahrt dazu entschlossen haben, einen Tauchkurs zu
machen) und so stellten erst einmal unser Gepaeck ab und beaeugten die Basen.
Die ganze Insel ist sehr relaxt, fast zu cool fuer diese Welt. Und da die
Preise abgesprochen sind, sagten uns auch die Tauchbasenbesitzer, wir sollen
uns ruhig umsehen und die Basis finden, die wir am liebsten moegen. Die eine
haette echt schoene Unterkuenfte, die andere einen deutschen Instruktor (da
Renes Englisch maximal begrenzt war) und da sich Jimmy und Rene nicht einig
werden konnten, zogen wir erneut aus in die Mittagshitze. Am Ende fanden wir
“Gunther’s Ecomarine Diveshop”, bekamen Einzelzimmer umsonst zur
Tauchausbildung dazu und Thomas aus Tirol als Ausbilder. Ecomarine ist wohl die
kleinste aller Tauchbasen hier auf der Insel, derzeit geleitet von Tara aus
Belfast und ihrem Mann.
Waehrend Jimmy kurz die Augen schonen ging, machten
Rene und ich uns auf, die Insel zu erkunden.

Wir kamen nicht weit. Im Rehab (30m
weiter) bestellten wir uns etwas zu essen, bastelten Papierflugzeuge und veranstalteten
Schneckenrennen mit den Kindern, und als die Sonne unterging, hatten unsere
Fuesse keinen Meter gemacht, dafuer hatten sich die leeren Bierflaschen auf
unserem Tisch irgendwie vermehrt. Jetzt hiess es aber schnell machen, da wir ja
nebenan bei Tara zum Sundowner verabredet waren. Dort trafen wir auch Jimmy
wieder, der gerade aufgestanden war. Aber so wollten wir den Tag nicht
ausklingen lassen und so unternahmen wir einen zweiten Versuch, die Insel zu
erkunden. Dieses Mal schaften wir es fast bis zum Pier in der Mitte des Ortes,
bevor wir in der “Tranquila Bar” landeten. Um 19 Uhr ist hier ist noch nichts
los, aber zum Glueck war ja Tequiladienstag. 2 Tequila spaeter kamen auch die
ersten Leute in die Bar, die von Piratenzeiten uebrig geblieben scheint, mit
ihrem dunklen Holz und wie ein Steg aufs Wasser gebautem Gastraum. Hier liess
es sich super entspannt versacken. Zwei weitere Tequila spaeter war der Laden
dann auch voll und die Menschen tanzten, flirteten und tauschten Beschreibungen
von gesichteten Tieren beim Tauchen aus, fuer die eine Armlaenge in der Regel
zu kurz war. Als Rene anfing, Wasser zu trinken, um irgendwie fuer seine erste
Theoriestunde morgen fit zu werden, brachen wir den Abend langsam ab.

Rene war nicht fit am naechsten Morgen. Da ich um eine
Auffrischung der Tauchuebungen gebeten hatte, konnte ich mich bis zum
Nachmittag noch einmal rumdrehen. Rene sass aber schon um 7.00 mit Jimmy im
Klassenraum, um zu verstehen, was ein BCD ist und wie man unter Wasser atmet.
Nichtsdestotrotz waren die Jungs super motiviert und angestachelt durch die
Aussicht, bald die buntesten Fisch unter Wasser beobachten zu koennen, so dass
sie mir nach jeder Lektion erzaehlten, was sie alles gelernt hatten. Am
Nachmittag ging es dann das erste Mal in die Klamotten und nachdem die
Froschmaenner strahlend aus ihrem Neopren schauten, ins Flachwasser zum Ueben.
Pawel aus Tschechien und ich nutzten das, um selbst alles noch einmal alles aufzufrischen
und so gaben wir uns unter Wasser gegenseitig Luft, bliesen die Maske aus und
suchten unseren Regulator bis die Sonne unterging. Stolz wie Bolle stiegen die
beiden aelteren Herren, wie kleine Jungs, die gerade beim Fussball die Jungs
aus dem Nachbarviertel geschlagen hatten, aus dem Wasser, schmissen uns trockene
Klamotten an den Leib und genehmigten uns ein grosses, super leckeres Beefsteak
im Rehab.

Gestern dann sollte ich die Morgenschicht mit einem
Wracktauchgang als Teil meiner Ausbildung zum Advanced Open Water Diver
uebernehmen. Aufgrund von Gruenden wurde der Tauchgang aber auf den Nachmittag
gelegt und stattdessen zu einem Riff gefahren, wo Jimmy und Rene ihre erste
Freiwassererfahrung erhalten sollten. Leider war das Boot schon voll, so dass
ich nicht mit tauchen kommen durfte. Aber Schnorcheln wurde mir gestattet. Und
so ging es einmal um die Insel herum, bevor alle aufgeregt aufs Wasser schauten.
Keiner begriff zuerst, was dieses lokale aufwirbelnde Wasser 50m backboard zu
bedeuten hatte. Aber nachdem der Texaner nach oben geschaut hatte, wurde es uns
klar. Wir sahen einen Wasser-Tornado oder Minihurrikan.

Das Wasser wurde
kreisfoermig mit einem Durchmesser von nur 4 Metern verwirbelt und am Himmel
war eine kleine Wolke zu sehen, die wie ein Rauchring aussah, den ein
Pfeifenraucher dort zurueckgelassen hatte. Der Minihurrikan zog mit ca. 20
Sachen an unserem Heck vorbei und traf dann auf Land, auf dem er ebenso
lautlos, wie er gekommen war, verpuffte. Auch die Tauchlehrer hatten so etwas
noch nie gesehen. Ich wartete, bis alle Taucher im Wasser waren, zog mir
Flossen und Maske an und huepfte ins Wasser. Es war so schoen, wieder durch ein
Aquarium aus Felsen, Korallen und bunten Fischen zu schwimmen! Dann gesellte
sich Lisa zu mir, eine Apnoetaucherin aus Wien, die mir ein Kompliment machte
ueber meine Art zu schnorcheln. 8 Meter Tiefe und knapp eine Minute unter Wasser
sind schon ziemlich viel fuer einen Ungeuebten. *Stolz* Ich sah sie unter Felsbruecken
durchschwimmen, Fotos machen und fast 3 Minuten ohne Atem zu holen, die Fische
beobachten.

Noch bevor die Taucher zurueckkamen, rief uns dann unser dicker
schwarzer Kapitaen aufgeregt etwas zu. Er hatte Delfine in unserer Naehe
gesehen. Und schon schwammen wir durch eine Schule aus fast 20 Tieren, die uns
interessiert beaeugten und mit uns spielten. Das war ein herrliches Gefuehl,
Auge in Auge mit einem Delfin im offenen Ozean zu schwimmen und sie elegant
durch Wasser preschen zu sehen. Als die Taucher wieder an Bord waren, holten
wir Flipper & Co.
kurz nochmal ein,
damit auch die anderen die Chance hatten, mit den Delfinen zu schwimmen. Alle
waren gluecklich ob des schoenen ersten Tauchgangs und so machten wir uns auf
zur zweiten Divesite des Tages.

Diese lag kurz vor der Bucht von Utila im
flachen Wasser und waehrend Jimmy und Rene ihre Uebungen machten, schwamm ich
durch Minicanyons und schaute Druecker-, Doktor- und Trompetenfischen bei der
Nahrungssuche zu. Nach dem Mittagessen war ich dann an der Reihe. Wir wollten
mit diesem Tauchgang zwei Tauchgaenge meiner AOWD-Ausbildung erschlagen: Tief-
und Wracktauchen. Ich war schon etwas aufgeregt, nach so langer Zeit wieder an
der Flasche zu haengen und dann gleich auf 33m Tiefe. Aber es lief alles wunderbar.
Zuerst setzen wir uns auf den Grund neben dem Wrack und unsere Ausbilder
fuehrten uns einiges vor. Zum Beispiel hatten sie eine Tomate mitgebracht. Nur
sah die eher aus wie ein grauer Stein. Dass sollte uns zeigen, wie der
Rotanteil der Farben im Wasser geschlucktr wird. Dann gaben sie uns ein rohes
Ei, dass wir zerdruecken sollten. War aufgrund der Drucks gar nicht einfach. Eigentlich
wollten wir mit dem Eigelb auch noch Pingpong spielen, nur war ein Fisch so
vorwitzig, und frass es blitzschnell zwischen uns auf. Nun schauten wir uns das
Wrack an. Es war ein kleiner Frachter von vielleicht 30m Laenge, der nach dem
wenigen Bewuchs erst vor kurzer Zeit hier das Zeitliche gesegnet hatte. Die
Plakette zur Erklaerung des Namens des Schiffs unterhalb der Bruecke
war noch vollstaendig lesbar. Nur zwei
Halsabschneiderkrabben hatten es sich hier gemuetlich gemacht.

Wieder an Bord,
fragte mich Thomas, ob ich noch mit auf einen zweiten Dive kommen moechte. Am
Ende waren wir nur zu viert (er, ich und ein hollaendisches Paerchen) und
gingen in der Naehe der Tauchstelle vom Morgen von Bord. Wir bewegten uns nur im
Flchwasser bis 15m, aber durchtauchten einige Bruecken und spaeter auch Tunnel.
Ich muss zugeben, dass meine Tarierkuenste fuer verwinkelte Durchgaenge unter
2m Durchmesser noch nicht ausreichen und so schrabte ich mir das eine oder
andere Mal die Beine auf. Aber es war umso mehr, wie durch ein Aquarium zu
schwimmen. Selbst innerhalb der Durchgaenge sassen Fischschwaerme im Dunkeln
oder hatte sich ein Hummer versteckt. An einem Eingang sassen zwei spotted drum
fish, die schwarzweissen Logos unserer Tauchschule und endemische Fische der
Bay Islands. Ausserdem ueberraschte uns noch ein grosser Stachelrochen und im
freien Wasser ueberschwamm uns ein Riesen-Barrakuda.

Alles in allem ein toller
Tauchgang mit Rueckfahrt zum Sonnenuntergang. Waehrend Rene und Jimmy noch auf
ihre Theoriepruefungsfragen warteten, trank ich noch ein Bier mit den anderen
Tauchern und erstand einige sehr schoene Postkarten des Dive Instructors (auf
der Insel scheint es sonst keine zu geben). Am Abend spielten Rene und ich eine
Runde Poolbillard in der Skid Row Bar und begaben uns zur Abwechslung mal frueh
ins Bett.
Allen, die es bis hierher geschafft haben, meine Erguesse zu
lessen, wuensche ich eine gute Nacht und viele spannende Traeume. Viele Gruesse
aus dem Land der Fische. Carpe diem,
Stefan
1 Comments:
Danke Stefan... ;-)
Nicki
By
Anonym, at 22:08
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