Liebe Freunde,
zu meinem letzten Geburtstag habt ihr alle zusammengelegt
und mir eine Floßfahrt geschenkt. Vielen lieben Dank euch dafür. Nun
möchte ich euch von meinen Erlebnissen auf den Seen Brandenburgs berichten.

Anne und ich haben uns für die Floßfahrt das lange
Wochenende um Fronleichnam rausgesucht, weil zu diesem, nur in Süddeutschland
existierenden Feiertag, wohl nicht viel los, aber es schon warm sein sollte.
Und das stimmte. Glücklicherweise stand gerade eine Sondererprobung bei mir in
der Abteilung an und so hatten wir ein Cabrio zur freien Verfügung. Anne machte
das Cabrio sogar so viel Spaß, dass sie es am Ende des Wochenendes gar nicht
wieder hergeben wollte.

Also haben wir unsere Sachen in Volumen eines halben Umzugs
in den Kofferraum gequetscht und auf ging es nach Beeskow. Dieses kleine
Örtchen liegt etwas nördlich des Spreewalds und wir waren an dem Tag
erwartungsgemäß die ei

nzigen, die ein Floß leihen wollten. Unseres hörte auf
den Namen „Robinson Crusoe“ und bestand aus vier Pontons, auf die eine Hütte
mit kleinem Außenboarder gezimmert worden war. Offiziell dürften bis 8 Personen
auf unsere schwimmende Insel, aber der Platz lässt meines Erachtens nur 3-4
Leute zu. In der Hütte befinden sich Holztruhen zum Verstauen der Sachen und
nachts legt man noch ein paar Bretter dazwischen und erhält eine tolle
Liegewiese von 3x3 Metern.


Wir sprangen sofort aufs Boot und fuhren erst einmal nur ein
paar hundert Meter, bis wir eine ruhige Bucht fanden, um nach der langen Fahrt
Siesta zu halten. Anne legte sich aufs Dach, um die Sonne in vollen Zügen zu
genießen, während ich mich an der Natur und dem Ausblick erfreute. Eines kann
ich euch sagen: Um Beeskow ist die Natur noch in Ordnung. Wir ankerten an einem
Seerosenfeld und sogleich ließen sich Nutrias und sogar ein Seeadler vor dem
Floß blicken. Leider waren sie Publikum nicht so gewöhnt und daher etwas
kamerascheu. Danach verputzten wir unser mitgebrachtes Mittagessen und genossen
die Ruhe. Es war einfach idyllisch.


Als es langsam Abend wurde, schmissen wir unsere
PS-Schleuder an und fuhren – lässig vom Dach aus steuernd - die Spree hinunter,
an badenden Kindern und Spreewiesen vorbei, bis nach Leißnitz. Hier kreuzt eine
kleine Fähre die Spree. In einer kleinen, von der Spree abgetrennten Bucht
fanden wir unser Abendquartier. Und wir parkten wieder inmitten von Seerosen
(hab keine zerstört). Weil es warm war, sind wir erstmal zum Abkühlen ins
Wasser gesprungen. Es war zwar nicht sehr tief und der Boden recht schlammig,
aber dennoch sehr erfrischend. Zum Glück gesellte sich kein anderes Boot in
unsere Nähe, so dass niemand seine gierigen Blicke auf unser kulinarisches
Festmahl auf dem Grill werfen konnte. Anne hatte für alles gesorgt. Es gab gegrillte
Garnelen, Hühnchen und Couscoussalat. Nobel geht die Welt zu Grunde. Bei einem
Feierabendbier bestaunten wir noch die ersten Sterne am Himmel über unserem
Tausend-Sterne-Hotel und zogen uns dann glücklich in unsere Hütte zurück.


Es ist toll, morgens direkt aus dem Schlafsack ins Wasser
hüpfen zu können. Nach dem Morgenbad zeigte sich ein Problem: Wir hatten den
falschen Typ Kartusche für den Campingkocher gekauft. Also kein Kaffee zum
Frühstück. Anne wird aber unleidlich, wenn es keinen Kaffee am Morgen gibt.
Also hieß es nach dem recht kurzen Frühstück Leinen los, und wir steuerten den
nächstgelegenen Campingplatz an, um eine Kartusche zu kaufen. Dieser
Campingplatz war aber eher etwas für sesshafte Eigenheimbesitzer mit Garten und
Zaun hinter dem Wohnwagen. Leider gab es keine Kartusche, dafür aber Kaffee für
Anne und eine Eisschokolade für mich. Der Tag war gerettet.


Heute wollten wir etwas Strecke machen, denn wir planten,
heute noch bis zum Neuendorfer See zu kommen. Also bogen wir kurz vor dem
Schwielochsee rechts ab und landeten in einem Kanal, der sehr an den Spreewald
erinnerte. Hier und dort gab es Wassergrundstücke mit Bootsanleger, aber im
Großen und Ganzen schlängelte sich die Spree in diesem Kanal unter
schattenspendenden Erlen dahin. Nur wenige Passagen waren abgeholzt. Meist
schauten uns die Enten, Reiher und Angler verträumt von Ufer aus zu und
beachteten uns nicht weiter. Rechts und links eröffneten sich immer wieder
Blicke in Altarme der Spree, die wir leider nicht befahren konnten. Nach
wenigen Kilometern unterquert man dann eine schöne alte Zugbrücke, die viel
ländlichen Charme versprüht und die ich eher nach Holland verortet hätte. Immer
wieder begegneten uns einige Paddler, die unser Floß verdutzt beäugten. Auf der
Hälfte unserer heutigen Strecke tauchte auf einmal eine Schleuse auf. Die
Schleuse Kossenblatt macht den Eindruck, als sei sie für weitaus größere
Schiffe gebaut worden, die sich glücklicherweise nicht in diesen Teil der Spree
verirren. Hinter einigen Hagebuttensträuchern konnten wir sogar noch die alte
Backsteinschleuse aus dem 19.Jahrhundert erkennen. Die Schleuse ging
vollautomatisch und nach der Schleuse waren wir soweit erschöpft, dass wir eine
Siesta im Schatten einer Erle einlegten.


Ups, schon vier? Anne hatte geschlafen und ich beim Lesen
nicht auf die Zeit geachtet. Wir wollten ja noch zum Neuendorfer See. Und so
hieß es Vollgas, so dass wir mit 7km/h durch den Kanal preschten und mit dem
Mund die ersten Mücken aufsammelten. Wir erreichten kurz vor der letzten
Schleusung um 19Uhr die Schleuse in Alt Schadow – dem Tor zum Neuendorfer See. Die
Schleuse mutete eher wie ein Feuerlöschteich an und nachdem wir das Floß
talwärts festgemacht hatten, setzten wir uns – immer noch auf der Suche nach
einer Kartusche – auf ein Eis ins Café. Naja, Café ist etwas übertrieben. Ein
Anwohner hatte einen Imbisswagen der Pommes und Bier verkauft in seinem Garten
aufgestellt, fand aber auch Eis in der Kühltruhe. Und während seine Katze
gerade mit einem noch strampelnden Vogel im Maul ins Haus rannte, sagte er uns,
wo wir vielleicht unsere Kartusche bekommen könnten. Und so fuhren wir bei
tiefstehender Sonne entlang der Reusen in den Neuendorfer See ein, der sehr an
den Schwielowsee bei Caputh erinnerte. Anne sprang vor einem Campingplatz von
Bord und ich drehte in der Abendsonne meine Kreise, bis sie mit einer Kartusche
zurück an Bord kam. Wir machten auf der gegenüberliegenden Seite des Sees am
Schilf fest. Der Campingplatz war dennoch nicht weit genug entfernt, denn die
Party schallte die halbe Nacht über den See und störte Angler und uns beim
Schlafen. Nach dem Abendbrot (Nudeln aus dem neuen Campingkochset) legten wir
uns aufs Dach und zählten die Sterne. Sogar ein paar Sternschnuppen ließen sich
blicken. Ich hoffe, die Wünsche gehen in Erfüllung!


Am nächsten Morgen gab es endlich auch Kaffee nach der
Dusche im See. Erleichtert ging es den gleichen Weg die Spree hinauf zurück
(eine Rundtour ist für motorgetriebene Boote leider nicht möglich). Die
Landschaft war genauso schön wir am Vortrag. Das einzig Neue war, dass sich ein
Eisvogel während der Siesta vor unserem Boot blicken ließ. Am frühen Abend
erreichten wir den großen Schwielochsee. Wir machten mitten im See den Motor
aus, sprangen ins Wasser und ließen uns treiben. Ich versuchte mich sogar im
Wasserski, scheiterte aber kläglich. Dann trieb uns ein kleiner, roter, schon
etwas faltiger Ballon vor das Floß. Klara aus dem Waldorfkindergarten in
Bernburg hatte uns geschrieben. Wie sie nur wusste, wo sie uns mitten auf dem
See finden kann….? (Wir haben dem Mädchen vor ein paar Tagen mit ein paar Fotos
geantwortet.).


Am Rande des Schwielochsees hatten wir uns mit Annes Eltern
verabredet, die mit ein paar Bier und Wein an Bord sprangen. Während Annes
Mutter von früheren Campingurlauben aus dem Nähkästchen plauderte, versuchte
ihr Vater auf dem neu gekauften Receiver über DVB-T das gerade laufende
Championsleaguespiel reinzubekommen. Am Ende klappte es mit unserem Blechdach
als Antenne und ca. 1-2 Bildern pro Sekunde. Nachdem das Spiel vorbei war, kam
Wind auf. Und unsere zwei Klappanker waren zu schwach, um ein Abtreiben ins
Schilf zu verhindern. Mit Paddeln und Schiffschraube im Schlamm kämpften wir
einige Minuten gegen die Vegetation, bevor wir wieder frei kamen. Wir legten an
der gegenüberliegenden Seite erneut an und leerten die letzte Flasche Wein,
bevor ich Annes Eltern gegen 1:30 wieder zurück zu ihrem Van fuhr.


Die Nacht war kurz, denn das Boot musste um 9:00 wieder
abgegeben werden und wir noch 2:30 Stunden von Beeskow entfernt. Ich stellte
mich also ans Ruder und fuhr stoisch durch den Morgen - immer in der Hoffnung,
nicht am Steuer einzuschlafen. 3 vor 9 waren wir am Ziel. Die Übergabe lief
glatt. Ich holte etwas Kaffee von der nahe gelegenen Tanke und wir packten
unser Zeug wieder ins Auto. Und weil wir die letzten Tage noch nicht genug
Erholung gemacht hatten, beschlossen wir, den Tag heute in der Saunalandschaft
des Tropical Islands zu verbringen. Zufrieden und glücklich fuhren wir wieder
zurück nach Süden.

Euch allen danken Anne und ich von ganzem Herzen für eine
tolle Erfahrung mit hohem Suchtfaktor. Wir wünschen euch allen einen herrlichen
Sommer und hoffen, euch bald mal wieder zu sehen.
Carpe diem,
Stefan