Morz und wie er die Welt sah...

Montag, August 31, 2009

Kolumbien - Stefan war uebern Berg

Liebe Freunde,

Ich merke gerade, dass die Abstaende, in denen ich euch schreibe, immer laenger werden. Vielleicht liegt es daran, dass immer weniger Eindruecke hier neu fuer mich sind, ich mich also einlebe, oder daran, dass ich inzwischen mehr zu arbeiten habe.


Parque del Café


Oder meine Wochenenden waren einfach nicht spektakulaer genug. Naja, das stimmt zumindest fuer das vorletzte. Da entschied ich mich naemlich, nach 2 Wochenenden pausenlosem und kostenintensivem Reisen, mal Seele und Beine baumeln zu lassen, und in Armenia zu bleiben. Armenia, die Hauptstadt des kleinsten Bundeslandes Kolumbiens, ist eine der wichtigsten Kaffeeproduzenten Kolumbiens. Eigentlich dreht sich alles hier um Kaffee: Cafés, Kaffeeplantagen, Strasse des Kaffees, Kaffeeplatz, (Schoenheits-)Koenigin des Kaffees usw. Und so gibt es eben auch einen Parque del Café. Dorthin machten sich auf Monika, weltreisende Aerztin aus der Schweiz, und Emilia, etwas in ihrer eigenen Welt lebende polnische Fernerkundlerin, den Parque del Café zu besuchen. Am Eingang fanden wir schnell heraus, dass es sich bei dem Park weniger um Kaffeeanbau dreht als um Achterbahnen, Riesenraeder und Wasserrutschen. Kolumbien hatte in Ermangelung eines Disneylands kurzerhand diesen Freizeitpark aus dem Boden gestampft, na auch gut. Immerhin gab es ja ein Museum ueber Kaffee. Nur war das wegen Renovierung geschlossen, wie wir drinnen herausfanden. Mmh, hatte sonst noch etwas direkt mit Kaffee zu tun? Wir wanderten also den Kaffeepfad hinunter durch Kaffeepflanzen unterschiedlicher Art und erreichten bald die Kaffeehalle, in der wir uns die „Show del Café“ anzuschauen gedachten. Auch die hatte zwar nur begrenzt mit Kaffee zu tun, war aber sehr klasse: Wir sassen also auf Plaetzen wie in einem Fussballstadion und schauten auf eine geschlossene Buehne. Nichtsdestotrotz war die Stimung schon am Siedepunkt, denn 2 Reisegruppen aus unterschiedlichen Regionen des Landes hatten an gegenueberliegenden Seiten Platz genommen und starteten ihre Schlachtgesaenge. Irgendwann stand ein Muttchen mit grauem Haupthaar in der ersten Reihe auf und mimte den Dirigenten/Anheizer. „Jetzt ihr!“ „Und jetzt ihr!“ „War das alles?“ Ab diesem Moment erwartete ich eigentlich keine Buehnenshow mehr, sondern den feierlichen Einzug der Bremerhaven Penguins oder von Eisern Union. Der Vorhang oeffnete sich und es erschienen: 4 Paare in oppulenten Trachten, die traditionelle Taenze vorfuehrten. Erst war ich enttaeuscht, dann verwundert, und schliesslich beeindruckt. Denn die Taenzer und Buehnenbilder verstanden es mit Tanz und Akrobatik irgendwo zwischen DDR-Fernsehballet und chinesischem Staatszirkus, eine ganze Situation zu schildern, z.B. der Markt in Armenia um 1830 mit verkauften Waren, verkauften Braeuten und spitzfindigen Haendlern, und anhand dieser Situationen, das Leben in Kolumbien der letzten 200 Jahre anhand der Geschichte des Kaffee darzustellen. Fast ganz ohne Worte. Sehr cool. Nur war das Fotographieren bei Einzug der Kamera verboten. Schade.


Danach fuhren wir mit dem Kaffeezug (Tren del café) einmal um den Freizeitpark und genehmigten uns einen Kaffee im Café Hugo Valdez. Nunja, Emilia, denn ich hatte nach langem Suchen eine Mitstreiterin im Nichtkaffeetrinken im Zentrum des Kaffees gefunden: Monika. Wir genehmigten uns einen leckeren Fruchtfrappé und laechelten sanft ueber die Abhaengige(n). Emilia hatte den Wunsch, einmal mit der Achterbahn des Kaffees zu fahren und Monika und ich fanden heraus, dass wir beide bestimmt keine 10 Jahre mehr in einer Achterbahn waren. Wie ihr auf dem Photo hier sehen koennt, war es daher umso besser. Wir 3 sehen einfach so schoen scheisse auf dem Photo aus, dass ich es kaufen musste. Danach ging es wieder mit der Seilbahn und herrlichem Blick ueber das Tal von Quindio hinauf zum Eingang, der nun unser Ausgang war, und mit dem Bus zurueck nach Armenia.

Den Sonntag verbrachte ich dann groesstenteils literarisch: Ich schrieb einen Brief an Julien. 15 Seiten. Tja, wenn man sich nur einmal im Jahr sieht oder schreibt, wird das zu Erzaehlende eben entsprechend laenger. Dazu verbrachte ich den halben Tag in einer tango-bespielten Bar in der Innenstadt - die Kellnerin war fast asiatisch: Bevor man richtig sitzt, wird man schon beraten, ob der regionalen Koestlichkeiten, sie verbleibt am Tisch, bis man bestellt und danach sieht man sie nie wieder. Und am Nachbartisch zwang der Liebeskummer und das viele Bier den Kopf eines Gastes auf den Tisch. Den anderen halben Tag schrieb ich den Brief nochmal sauber ab und quatschte mit meiner Gastfamilie.


Der Pool


Ansonsten verging die Woche, wie meistens, recht ereignislos. Am Mittwoch hatte sich meine tropfende Nase ausgetropft, so dass ich mich endlich in den unieigenen Pool werfen konnte - ich beweg mich ja sonst nicht viel. Und so zog ich meine Bahnen und riss meine 1000m runter. Mit Badekappe. Ist hier Pflicht. Mit Sonnencreme eincremen auch. Die Stellen, die ich vergessen/nicht erreicht habe, ergaben eine nettes Muster auf meinem Ruecken am naechsten Morgen. Vielleicht haette ich damit ja Fintenklecksraten spielen koennen. Was sehen sie in diesen roten Flecken? Einen Schmetterling! Den Kommunismus! Hautkrebs! Naja, das naechste Mal lass ich mich eincremen. Macht sowieso mehr Spass....


Eiriks letzter Abend


Am Donnerstag schliesslich brach Eiriks letzter Abend hier an. Eirik ist weit gereister, norwegisch/daenischer Schoenling und nebenbei Medizinstudent und wir waren zusammen in Medellín. Und nun waren wir zusammen in der Kneipe. Und 10 andere Kolumbianer und Auslaender ebenso. Es war der typische Ich-weiss-noch-nicht-was-ich-heute-Abend-machen-werde-Biergarten direkt vor der Tuer der Uni und er diente schon seit Generationen dem Brainstorming. Wir entschieden uns auf Draengen Emilias fuer eine salsebespielte Bar gegenueber, wo auch andere Getraenke als Bier gereicht wurden. Drei Bier spaeter wurde diese fuer zu dunkel befunden und wir zogen weiter in eine Salsatek. Dort orderte Eirik, als erste Amtsandlung, eine Flasche Rum fuer alle und dem Gedaechtnisverlust stand nichts mehr im Wege. Melanie hing neben mir, mit einem Arbeitskollegin quatschend, bald in den Seilen und ich unterhielt mich den ganzen Abend locker mit Marisol, meiner Salsalehrerin in spe (mal sehen, ob das mit mir Tanzmuffel was wird) und Anna, einer herrlich verpeilten, frisch aus Wien importierten Biologin. Der Rest bewegte sich auf der Tanzflaeche mehr oder weniger optisch ansprechend. Gegen 2 Uhr brach ich Partypuper dann die Rumba ab, wuenschte Eirik noch viel Spass mit seinem fuer den Zwischenstopp in Miama gemieten Ford Mustang und ein Taxi lud mich vor der Haustuer ab. Und warum schreib ich euch das? Nur weil sonst die Woche nicht viel passiert ist, und ihr ruhig wissen sollt, dass ich die Abende nicht nur lesend oder DSDS-guckenderweis zu Hause verbringe. Wenn ihr mehr Kultur in den Reiseberichten wuenscht, bitte einen Antrag in dreifacher Ausfuehrung an: Stefan Moritz, Dicht am Dschungel 13, 0815 Links von Berg, Kolumbien.


Gitarrenspiel


Okay, noch etwas Spannendes ist mir am Freitag passiert. Als ich vom Mittagessen zurueck kam. Wie immer herrschte in meinem Labor innerhalb der „heiligen“ Mittagspause die Lebensfreude einer 2000 Jahre alten Gruft. Nur diesmal war etwas anders. Eine Gitarre erklang. Ich folgte diesen ungewohnten Lauten wie dem Gesang einer Sirene. Im Buero von John Jairo, dem frueher schon beschrieben Metalverliebten und holistisch veranlagten Prof in meinem Labor, wurde ich fuendig. Ronny, ein Elektroingenieurstudent, dessen Angebot auf einen Besuch und Gitarrenspiel bei ihm zu Hause ich in der ersten Woche abgelehnt hatte, sass dort auf einem Stuhl, mit John Jairo als Publikum und bewegte seine Finger ueber die Saiten wie ein junger Gott. Hat jemand die Toccata und Fuge d-moll schon mal auf einer Gitarre gehoert? Oder Carmina Burana? Ich jetzt schon. Beeindruckend. Seine Kunst liegt in der Interpretation. Bei einem Stueck eines Komponisten aus Paraguay, welches „Die Kathedrale“ heisst, entstanden bei Ronnies Interpretation tatsaechlich Bilder religioes mythischer Gebaeude im meinem Kopf. Ich war wirklich ueberwaeltigt. Ein Jammer, dass er nie etwas in seinem Leben aufgenommen hat. Falls als jemand von euch zufaelligerweise Kontakt zu einem kolumbianischen Plattenstudio hat: Ich bring den Mann unter Vertrag.


Ibagué


Als ich danach meine Professorin auf die Frage nach dem Ziel meines Wochenendes antwortete – Ibagué – entgleisten ihre Gesichtszuege. Ich fragte sie, was denn an Ibagué so schlimm sei....so haesslich und dreckig wie Buenaventura? Sie sagte: „Immerhin hat Buenaventura noch Charakter!“ Harte Worte. Ich macht mich trotzdem auf den Weg, mit einem minimalen Plan und Melanie (der Dame aus Jena) an meiner Seite, in einem Rotzkocher von einem Bus ueber den bisher schoensten Pass in den Anden. Ibagué liegt naemlich „nur“ auf der anderen Seite der Berge. Melanie wollte die Austauschstudenten besuchen, die sie auf ihrer Tour nach San Agustín kennengelernt hatte, und ich Bernard. Bernard ist der IAESTE-Chef hier in Kolumbien und wir kennen uns von den GCs in Lissabon und Warschau. Er ist einer der lebensfreudigsten Professoren, die mir je untergekommen sind und ist gluehender Verfechter des globalen Kulturaustauschs. Als gebuertiger Belgier spricht er fliessend franzoesisch, hollaendisch, deutsch, englisch, spanisch und ein bisschen italienisch. Ausserdem ist die Chefin des Fremdsprachenzentrums der Uni seine Frau. Die hilft ihm bei den restlichen Sprachen dieser Erde. Von der Erscheinung und der Art kommen mir immer Bilder von Ruxi (Jan Buddeberg) in 30 Jahren hoch, wenn ich ihn sehe. Aber genug der Einfuehrung!


Mein Bus war spaet und ich also ebenso in der Uni. Bernard hatte mir geschrieben, dass er nur bis 10.30 Zeit haette, weil er danach einen Termin hatte. Ich stand 10.25 auf seiner Matte. Und so war die einzige Moeglichkeit weiterzuquatschen, ihn auf seinen „Termin“ zu begleiten. Der „Termin“ waren etwa 200 Eltern der Studenten der Uni und Bernards Aufgabe war, ihnen zu erklaeren, warum ihre Kinder ein Semester oder Praktikum im Ausland verbringen sollten. Kurzerhand schob man mich hinter das Rednerpult und Stefan stammelte sich einen auf spanisch ab, ueber sein Praktikum in der Uni von Quindio, und was der kulturelle Austausch, die Arbeit der Wissenschaftler hier und die Auslandserfahrung fuer ihn bedeutete. Mein roter Kopf brachte vermutlich den extrastarken Beifall und alle waren gluecklich. Danach eroeffnete mir Bernard noch, dass die groesste Gefahr fuer Auslaender in Kolumbien nicht von der FARC oder vom Kokain ausgehe, sondern von den kolumbianischen Frauen. Ihn hatte es vor Jahrzehnten erwischt und nach ihm heute wieder einen Belgier: Kevin. Kevin sagte mir nichts, aber eine Stunde spaeter verstand ich. Zuerst verabschiedete ich mich jedoch von dem netten Ehepaar und versuchte Melanie zu erreichen. Wir hatten ja abgemacht, dass ich zu ihr fahre und mich nun in ihr Wochenendprogramm mit einklinke. Als sie beim dritten Anruf ran ging, erklaerte sie mir, dass es extrem unpassend sei, wenn ich nun bei ihr auftauchen wuerde und wir uns spaeter sehen wuerden. Ich glaub, die Freunde aus San Agustín waren geschrumpft auf einen speziellen Freund.


Naja, ich stand nun also da, in einer Stadt, ueber die ich nichts wusste, die nicht in meinem Reisefuehrer existierte und von der ich nicht wusste, wo innerhalb der Stadt ich mich befinde. Also trabte ich kurzerhand zurueck zum international office, in der Hoffnung, Bernard noch zu erwischen und ueber Sehenswuerdigkeiten auszuquetschen. Aber ich traf stattdessen Jessica. Jessica hatte am Nachbartisch von uns in Warschau den Praktikaaustausch fuer Kolumbien organisiert. Ein schickes Partygirl, dass ich meistens abends, gut beschwipst, in den Armen eines Belgiers traf und daher nur selten mit ihr quatschte. Und nun verstand ich. Der Belgier hiess wohl Kevin. Sie rief bei ihrer Haushaltsdame an, bestellte ein Gedeck mehr und lud mich kurzerhand zu ihr zum Mittag ein. Ich war gerettet. Dort lernt ich auch ihre Grossmutter kennen, eine Landschaftsmalerin von einigem Talent, ihre 7 Jahre alte Tochter Valeria und Kevin. Und ich wurde sofort integriert und von einem zum anderen Teil der Familie gefahren, um vorgestellt zu werden. Wir fuhren nicht meinetwegen, sondern um die Geschenke fuer Valeria abzuholen, denn sie hatte heute Geburtstag. Es wurden Disney‘s Monopoly, Teile einer Barbie-Wohnung und Plastik-Ponies mit wechselbaren Schuhen auspackt und von leuchtenden Kinderaugen begutachtet. Nicht nur den Augen von Valeria, denn inzwischen hatten sich auch 2 Freunde eingefunden. Zusammen fuhren wir in die lokale Shopping Mall und Kevin und ich hatten einen Heidenspass mit den Kindern im Autoscooter (ja, nach einer Pause von 10 Jahren bei der Achterbahn, bin ich nun auch zum ersten Mal seit langem wieder Autoscooter gefahren. Mal sehen, wann die naechste Geisterbahn auf dem Programm steht.), am Luftkissentisch und beim Rennenfahren auf den Motoradautomaten. Gluecklich darueber, so einen schoenen, spassigen Tag gehabt zu haben, lud ich alle zum Eis essen in der Naehe von Jessicas Haus ein. Inzwischen haette ich auch wieder zu Melanie stossen duerfen, entschied mich aber dafuer, den Abend mit Jessica und Kevin zu verbringen, denn auch Jessica hatte vor kurzem Geburtstag gehabt und wollte das Feiern nun mit ein paar Freunden nachholen. Und so stiegen wir ins Auto, und machten quasi eine Stadtrundfahrt, denn in Kolumbien kauft man die cerveza in einer cervezeria, carne beim carnicero, carbon (Holzkohle) in der carboneria (Kevins und meine Erfindung fuer den Typen, der in seinem Haus nur Holzkohle verkauft) und Gemuese (Tomaten und Zwiebeln, auf Anraten von uns Europaeern, denn Gemuese essen Kolumbianer nicht freiwillig. Schon gar nicht auf einer Party.), Limonen, Aguardiente und Brausepulver im Supermarkt. Brausepulver? Ja, beim Erblicken meiner Wenigkeit erinnerte sich Jessica sofort an den deutschen Tisch auf dem International Evening in Warschau, wo man Korn Ahoi (auf Timos und Gerhards Vorschlag hin) zu trinken pflegte und so gab es heute Aguardiente Ahoi! Gefeiert wurde bei Maria, einer Freundin, deren Sohn im Bett und deren Eltern ausser Haus waren. Und es war ein schoenes Haus. Voller Tinnef und Schruz, aber dafuer individuell geschnitten und mit einem grossen Grill im angrenzenden Garten gesegnet. Nach einer halben Stunde stand es Gemany 1 : Colombia 0 im Anzuenden des Grills ohne Grillanzuender (Zeitung und Pusten gewann gegen Kerze und Abwarten) und das leckere suedamerikanische Fleisch war bereit, auf den Grill gelegt zu werden. Das Bier war auch kalt und der Aguardiente geoeffnet. Also nug. Und so endete der Abend bei Maria und Jessica mit einem Taxi, welches mich gegen 3 Uhr morgens zu einer Disko fuhr. Dort traf ich auch kurz eine beseelt grinsend und glueckliche Melanie wieder und lernte Néstor kennen. Jessica hatte ihn angerufen, ob dass er sich um meine Unterkunft kuemmern wuerde. Wie sich herausstellte, war Néstor ein spanischer IAESTE-Praktikant aus Barcelona, der in Bogotá arbeitet und ebenso fuer das Wochenende in Ibagué zum Partymachen war. Jessica und er hatten sich an der karibischen Kueste kennengelernt. Und so kam es zu einer IAESTE-typischen Schlafsituation. Ganz einfach: Néstors Kumpel Filipe, aus Brasilien und ebenso IAESTE-Student (wer 2006 Kontakt mit den Berliner Trainees hatte, kennt ihn vielleicht), hatte die Nacht zuvor am Busbahnhof den Schluessel zu einer Wohnung von tschechischen Studenten bekommen, die diese von einer Mutter mit Kind gemietet hatten. Da aber weder Mutter mit Kind, noch Tschechen uebers Wochenende in Ibagué waren, hatten Filipe und ich einen Schlafplatz. Ich bekam das ehemalige Kinderzimmer. Bei einer Empanada in einer nahen gelegenen Wohnung (in der Néstor schlief, aber die Beschreibung der Zusammenhaenge dieser Wohnung wuerde den Rahmen sprengen) liessen wir den Abend ausklingen und entschieden, das interessante Gespraech am naechsten Morgen um 10 Uhr fortzusetzen.

Am naechsten Morgen fand ich auf Anhieb die Dusche, nur kein warmes Wasser. Und so konnte man mich ein paar Grunzlaute und eine halbe Stunde spaeter durchaus wieder zu der Spezies Homo sapiens sapiens zaehlen. Per Telefon weckten Filipe und ich Néstor und warteten das Ende seiner Menschwerdung in einer nahegelegen Baeckerei bei Croissant (die haben hier Kaesefuellung, berx) und frischem Saft ab. Gemeinsam bewegten wir uns dann spaeter auf Rat einer mir unbekannten Quelle mit dem Bus in ein angeblich schoenes Dorf in der Naehe von Ibagué. Ich sag „angeblich“, da wir das Dorf ob guter Gespraeche verpassten und uns eine Stunde spaeter in spektakulaerer Landschaft an der Endhaltestelle in den Bergen wiederfanden. Eigentlich waren wir schon ganz in der Naehe des Nevado del Tolima, eines der hoechsten Berge dieser Gegend, der ein guter Freund des Nevado del Ruiz ist, den ihr im naechsten Bericht kennenlernen werdet. So schlenderten wir die Strasse entlang durch die Berge, schaekerten mit der oertlichen Suessspeisenverkaeuferin und trafen irgenwo mitten in der Pampa einen guten serbischen Freund von Néstor. Der hatte sich auf aehnliche Weise hierher verlaufen. Nur warum er in Kolumbien war, konnte ich wegen meiner schlechten Spanischkenntnisse nicht feststellen. Ein paar Stunden spaeter und 300m tiefer setzten wir uns wieder in Bus nach Ibagué; welcher prompt, nachdem er proppenvoll war, zusammenbrach. Der Fahrer erforschte waehrend des Ausrollens mit pruefendem Blick den Inhalt der sich neben seinem Sitz befindenden Motorhaube und schuettelte verzweifelt den Kopf. Irgendwie passten wir doch alle in den naechsten Bus und ich erreichte gegen 17Uhr den Busterminal. Nachdem ich mich von Filipe und Néstor gluecklich verabschiedet und in 2 Wochen in Bogotá verabredet hatte, gings zurueck durch die Berge. Oben auf dem Pass „Las Lineas“ hatte ich dann meine Geisterbahnfahrt durch die Wolken bei Nacht. Immer wieder tauchte eine brennende Dose am Strassenrand auf, die kennzeichnet, dass ein Truck liegen geblieben ist. Oder Motorraeder ohne Licht tauchen ploetzlich auf. Und weil ich einen grossen Bus erwischt hatte, war mir in Armenia speiuebel, aber ich war gluecklich.


An dieser Stelle moechte ich kurz meine Dankbarkeit gegenueber Menschen wie Jessica, Néstor und Filipe zum Ausdruck bringen. Menschen, die spontan einen Teil ihrer selbst geben, um selbst ihnen unbekannten Menschen, wie ich es fuer sie war, vorbehaltlos an ihrem Programm, Weg, Leben teilhaben zu lassen. Toll, dass es so etwas gibt. Und 90% dieser Menschen, die ich kennengelernt habe, arbeiten fuer IAESTE. Deswegen laesst mich das Programm nicht los.


Aber ich will euch nicht weiter mit sentimentalen Gelaber langweilen. Ich hoffe, ihr hattet Spass am Lesen und hoffe es geht euch gut. Mir jedenfalls schon. Und ich freue mich schon tierisch aufs Rumreisen, was in gut 2 Wochen endlich mit Jimmy’s Ankunft losgeht. So, und jetzt beginnt eine neue Woche. Euch noch eine schoene Zeit und bis bald,


Stefan


:::::::::::::::: Die Photos wurden freundlicherweise von Néstor zur Verfuegung gestellt::::::::::::::::