Morz und wie er die Welt sah...

Donnerstag, Juli 23, 2009

Kolumbien - Die Fahrt nach Armenia

Liebe Freunde,

ich sitze heute das meinen ersten vollstaendigen Tag in der Uni und muesste eigentlich schon arbeiten. Aber mal sehen, wie lange mich der verantwortliche Masterstudent hier schreiben laesst....

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Mein erstes selbstbestelltes Fruehstuck in Bogotá. Seitdem ist ja viel passiert. Am Sonntag herrschte fuer meine Begriffe richtig Volksfeststimmung in Bogotá. Einige Tausend Menschen zogen durchs Stadtzentrum und ergoetzten sich an den auf der Strasse dargebotenen Spektakeln. Da gab es mehrere knapp 1m grosse Maenner in Sombrero und Festanzug, die Arien und Schlager zum besten gaben, lebende Statuen, Tango tanzende Paare und was ich am putzigsten fand: Meerschweinchenrennen. Und das laeuft so. Man habe 6 Meerschweinchen, die auf der Strasse nebeneinander sitzen und warten. Ausserdem hat man sich einen Lautsprecher auf den Ruecken geschnallt, durch den man unentwegt Werbung fuer das bevorstehende Rennen macht. Da stehen etwa 10m entfernt so 20 umgedrehte Schuesseln in die ein Loch geschnitzt wurde mit Nummern drauf. Die Zuschauer legen nun jeder 200 Pesos auf eine (oder mehrere) dieser Schuesseln. Haben genug Leute gewettet, bekommt ein Meerschweinchen einen gut gemeinten Klapps auf den Hintern, flitzt los und verkriecht sich in einer der Schuesseln. Die hat gewonnen, bzw. das Maedchen, welches darauf gewettet hatte und es bekam 1000 Pesos ausgezahlt. Der Rest war Gewinn. Niedlich!

Strassenkoestlichkeiten wie Hamburger und ausgebratene Fettschwarten verschmaehend machte ich mich auf, das Museo del Oro, das Goldmuseum, zu besichtigen. Heute war ja Sonntag und der Eintritt frei. Na da kann man sich dafuer gleich mal einen Audioguide leisten.

....ihr habt die Pause zwar nicht mitbekommen, aber es ist jetzt schon 18.30 und ich sitze in einem Internetcafe in der Innenstadt. War viel los heute. Und eigentlich muss ich gleich wieder los...zu meiner Gastfamilie. Aber davon spaeter....

Auch wenn mich Schmuck nicht interessiert, hat mich das Museum del Oro, aehnlich wie damals die Schatzkammer im Topkapi Sarayi, trotzdem ziemlich beeindruckt. Etwas blank poliert kommt es daher und zeigt Schmuck, seine spirituelle Bedeutung, den Abbau und die Verarbeitung des Goldes von Ureinwohnern des nordlichen Suedamrikas. Also ich rede von Voelkern, die keine Schiffe bauten oder ach so zivilisierte Kreuzzuege fuehrten, aber auch ohne den Besitz von Eisen, Gold, Silber und Kupfer kunstvoll zu Brustplatten vom 50cm Durchmesser oder filigrane Jaguarkoepfe zu modellieren pflegten. Ausserdem hab ich gelernt, dass bei den Ureinwohnern alles was oben, trocken und hell erleuchtet ist, maennlich ist. Das weibliche Element ist demzufolge unten, dunkel und feucht. Auch ne Logik! Opfergaben wurden daher meist auf hohen Bergen etc., in Hoehlen oder besonders geformten Seen gegeben.

Nach meinem Besuch im Museo del Oro war es hoechste Zeit auszuchecken und mich auf dem Weg in meine neue Heimat zu machen: Armenia. Das war gar nicht so einfach, denn die Minibusse in Bogotá, die Collectivos, haben keine Nummern oder aehnliches draussen dran, nur etwa 10 Ziele kleingedruckt an der Scheibe. Als etwas Kurzsichtiger, wie ich es bin, muss man entweder eine super Reaktionszeit haben, oder sicherhaltshalber alle Collectivos stoppen. Ich entschied mich fuer Taktik Nr. 3 und wartete, bis jemand neben mir ein Collectivo anhielt, las alles auf Frontscheibe und stieg dann ein. Dauerte nur 30 min. In der Sonne. Mit 25 Kilo auf dem Ruecken. Aber kurz darauf erreichte ich den Busbahnhof und meinen Bus nach Armenia. Und ich muss sagen, die sind verkehrstechnisch hier viel besser ausgestattet, als ich je erwartet habe: Der Minibus mit 20 Sitzen hatte eine Klimaanlage, die nicht auf Frost eingestellt wurde, die Musik war keine leiernde kreischende Kassette (siehe Asien) sondern Salsamusik und Schlager vom mp3-Player, die Strassen sind durchgehend asphaltiert und: Es gibt ein Klo an Bord! Der Wahnsinn, wa? Und selbst der Fahrstil ist angenehm. Ich konnte getrost schlafen und selbst, wenn der Bus einen LKW ueberholt hat, .......der gerade einen LKW ueberholte, ......nachts, ......bergab, ......in den Anden, fuehlte sich das durchaus gekonnt an. Abendessen gab es kurz vor Ibagué in einem Strassenrestaurant. Gerade als ich hilflos hinter den Essenstresen blickte, ueberraschte mich ein Junge neben mir, indem er mir viele Speisen auf englisch erklaerte. Elektroingenieurstudent aus Bogotá der seine Eltern in Popayán besuchen faehrt. Toller Zufall. Tolles Gespraech. Gegen 23Uhr erreichte ich dann Armenia, zumindest den Busbahnhof. Ich schlich mich zu einem Taxi, in der Hoffnung, dass das einzige bezahlbare Hostel der Stadt in meinem Reisefuehrer noch existierte. Und es tat. Zwar ging mein Fenster nicht nach aussen, sondern in die Waschkueche, aber das Bett war bequem und bezahlbar. Trotzdem: Mein erster Eindruck von der Stadt war: Hier moechte ich nicht tot uebern Zaun haengen. Wie sich das aenderte, schreib ich euch das naechste Mal.

Macht es gut bis dahin und schoenen Abend noch,
der Stefan